Er verweigerte klare Befehle und schrieb so Weltgeschichte: Harald Jäger war bis 1990 stellvertretender Leiter der DDR-Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße (GÜSt Bornholmer Straße) in Ost-Berlin im Dienstgrad eines Oberleutnants der Passkontrolleinheit (PKE), die dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt war. Am Abend des 9. November 1989 ließ er als diensthabender Leiter am Grenzübergang Bornholmer Straße befehlswidrig die Kontrollen einstellen und den Schlagbaum öffnen. Er gilt daher als der Mann, der faktisch die Berliner Mauer öffnete. Hintergrund: Als DDR-Politbüromitglied Günter Schabowski am Abend des 9. November 1989 auf einer Pressekonferenz mitteilte, dass neue Reiseregelungen beschlossen wurden, übersah er den Vermerk, dass die neuen Regelungen erst ab dem kommenden Tag gelten sollten. Auf die Frage eines Journalisten verkündete er sichtlich nervös, dass dies “ab sofort, unverzüglich” gelte. Auf eine solche sofortige Umsetzung waren aber die Grenzübergänge und Behörden gar nicht vorbereitet. So zog es zehntausende DDR-Bürger zu den Grenzübergangsstellen, die aber weiterhin dicht verschlossen blieben. Klare Befehle zur unverzüglichen Grenzöffnung gab es auch auf Nachfragen der “Grenzschützer” bei ihren Vorgesetzten nicht. So traf Harald Jäger als erster Leiter einer Grenzübergangsstelle die einsame, aber mutige Entscheidung, gegen die bis dato geltenden Gesetze der DDR und entgegen ausdrücklicher Befehle den Schlagbaum zu öffnen. Damit löste er eine Kettenreaktion aus: Nach und nach öffneten auch weitere Grenzübergangsstellen. Der Rest ist Geschichte. Welches Chaos in dieser Nacht bis zur endgültigen Grenzöffnung hinter den Kulissen herrschte, wurde im Film “Bornholmer Straße” mit Charly Hübner verfilmt. Harald Jäger beschrieb die Ereignisse auch in seinem Buch “Der Mann, der die Mauer öffnete” und nimmt uns im Gespräch mit Maik Ross - DAS ROSS IM RADIO - noch einmal mit auf eine spannende Zeitreise in diese historische Nacht des Mauerfalls. Dieses Interview wurde am 09.11.2022 geführt.
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