„Angst hat man nicht wirklich. Denn wir waren ja überzeugt, dass nichts passieren kann. Und wir haben uns schon vorgesehen, dass es niemand weiter mitkriegt. Ich habe auch natürlich bewusst niemandem in meinen Familien- und Bekanntenkreis irgendwas erzählt. Denn mir war eins klar, dass selbst, wenn die dicht gehalten hätten; es hätte die Gefahr bestanden, wenn die Stasi uns erwischt, dass die mit reingezogen worden wären...“ Günters Traum, Physik zu studieren, platzte schon, ohne dass er davon wusste, als er fünf Jahre alt war. Die Eltern waren getrennt, sein Vater floh in den Westen, das war das Ende einer Karriere, die noch gar nicht begonnen hatte. Dass Günter echtes Talent für dieses Fach hatte, bewies er der DDR knappe 20 Jahre später, als er mehr oder weniger allein die technische Planung für einen Heißluftballon übernahm, der acht Personen tragen sollte. Denn zwei Familien wollten aus der DDR fliehen. Wie schnell alles am Ende gehen musste und warum der Ballon in Naila an der richtigen Stelle abstürzte, das erfahrt ihr in Folge 4 unserer spannenden Podcast-Reihe „Republikflucht“. Nach dem Niedergang des Faschismus im Jahr 1945 gründeten sich im Jahr 1949 aus den Besatzungszonen der vier Siegermächte zwei deutsche Staaten: die Bundesrepublik Deutschland als eine parlamentarischen Demokratie und die Deutsche Demokratische Republik als eine sozialistische Diktatur unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Die Trennung Deutschlands war für alle hier lebenden Menschen eine besonders schwierige Situation. Die Sicherungsmaßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Bundesrepublik und der DDR wurden bereits ab 1952 immer weiter verschärft und um eine Sperrzone, einen Kontrollstreifen und ein 5 km breites Sperrgebiet erweitert. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurde die gesamte innerdeutsche Grenze mit elektrischen Stacheldrahtzäunen, Wachtürmen und Selbstschussanlagen gesichert und nahezu unüberwindbar gemacht. Die Grenzsoldaten der DDR haben den Befehl, auf Flüchtende zu schießen. Weit über 100 000 Bürger der DDR versuchten, zwischen 1961 und 1988 über die innerdeutsche Grenze oder über die Berliner Mauer zu fliehen. Mehr als 600 von ihnen wurden zwischen 1961 und 1989 von Grenzsoldaten der DDR erschossen oder starben bei Fluchtversuchen. Zwischen 1961 und 1989 gab es deshalb geschätzte 4500 Versuche, das Land über die Grenzen von Drittländern wie Ungarn, Rumänien und Bulgarien zu verlassen, man hoffte, dass die Grenzanlagen dort nicht so gut gefestigt waren. Dass auch an den Außengrenzen des Ostblocks sehr gut gesicherte Grenzen vorhanden waren und ein besonders strenger Schießbefehl umgesetzt wurde, wussten die wenigsten. Günter Wetzel, Jahrgang 1955, floh mit seiner Familie und einer weiteren im Spätsommer 1979 im damals größten Heißluftballon Europas über die innerdeutsche Grenze von Thüringen nach Bayern. Sein Ballon schaffte es ins Guinness Buch der Rekorde, seine Geschichte schaffte es 2018 in die deutschen Kinos.